Al Cook



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FROM EARLY BLUES TO ROCK AND ROLL – Stories

From Early Blues To Rock And Roll, Teil 2 (Hintergrundstories)

1.) A Legendary White Face In Blues (Extraplatte Ex 49)

2.) On The Road To Rock And Roll ( Extraplatte Ex 51)   1986


Hi there, Fans!


Kurz nach meinem Debut im „Jonathan Seagull“ war ich mit einem Schlag wieder top in der Szene und konnte bei meinen Konzerten Prominenz von Alexander Goebel über Charly Ratzer, bis zu Ulli Bäer, Dolezal und Rossacher, sowie Walter R. Langer und Günther Schifter begrüßen. Die Zeitungen, denen damals noch Ereignisse außerhalb des Pop-Mainstreams interessant waren, überschlugen sich in Superlativen, wie einst nach meinen ersten Bluesproduktionen. Man schrieb, daß Al Cook, der Dorian Gray des Blues, in seinen Rock’n’Roll Shows derart einheizte, daß den Jungstars der Mund offen blieb. Wenn Stühle und Tische splitternd zu Bruch gingen und Al Cook sich in Extase spielte, blieb kein Auge mehr trocken. Zwar stimmte das größtenteils, aber es befriedigte mich letzten Endes auch nicht, weil man mich nur mehr auf der Bühne toben sehen wollte und ich hatte doch etwas zu sagen.
Meiner Frau, die damals fast jedes Konzert miterlebte und zu einem Teil meiner Person wurde, gefiel mein Absinken zur Wirtshausattraktion nicht. Mein sensitives Gitarrespiel, meine oft humorigen double-talk Texte und die künstlerische Mission litten bereits zusehends. Die Zeit war reif, um in mich zu gehen und ich konzentrierte mich darauf, meinem Tun eine sinnvolle Note zu geben. Mit einem Wort, eine neue Platte mußte her. Einer meiner Freunde aus der Atlantis-Ära baute mir eine Verbindung zum Independent-Label „Extraplatte“ auf. Es war Peter Ratzenbeck, der von mir sagte, ich hätte ihn durch meine LP „Slide Guitar Foolin‘“ zum Gitarrespiel animiert.



Im Frühjahr 1986 sprach ich bei Extraplatte vor und lernte unter anderem Julian Schönfeld, den Producer kennen. Er fragte mich, was ich denn vorhätte und ich sagte ihm, daß ich gerne ein Konzeptprojekt realisieren möchte, daß die musikgeschichtliche Verbindung vom Blues zum Rock’n’Roll mit Eigenkompositionen dokumentiert. Das fand er für eine großartige Idee, aber ich mußte noch einen wichtigen Einwand vorbringen, dem eine seltsam erscheinende Tatsache zugrunde lag.
Das einheimische Fanpublikum ist eines der borniertesten, das ich kenne, denn die Bluesfanatiker schrien auf, wenn ich eine Rock’n’Roll Nummer zum Besten gab und wenn ich tiefen Blues vortrug, buhten mich die Rockabilly-Fans aus. Ich kümmerte mich zwar um keine von beiden, denn Fanatiker haben keine objektive Urteilskraft. Sie sind zumeist froh, daß sie eine Meinung haben, auch wenn diese in den meisten Fällen jedes Fundamentes entbehrt. Um aber Tonträger zu verkaufen, mußte ich dieser Tatsache Rechnung tragen und entschied mich für eine Blues und eine sogenannte „Rockplatte“, die eigentlich ein bunter Regenbogen vom Swing zu Chuck Berry’s bekanntem Spiel war. Natürlich verwendete ich nur die Stilmerkmale, das mache ich auch heute noch. Der Text und das fallweise Arragement waren deutlich auf meinem Mist gewachsen.
Begonnen hatte ich erst einmal mit der Rockplatte, denn die kostete mich die meiste Arbeit. Ich schrieb die Texte und arrangierte den Ablauf der Songs. Es war das letzte Mal, daß ich versuchte, zeitgeistkritisch zu sein. Begonnen hatte die einwöchige (!) Aufnahmesession mit „Confidential Confession“, einer flotten Boogienummer mit markantem Refrain und sorgfältig gesetzten Bläsersätzen. Ich engagierte den frisch aus der Mojo Bluesband ausgestiegenen Pianisten Joachim Palden, der die Nummer mit seinem flotten Spiel trug. Harry und Mike waren natürlich auch dabei und Martin Wichtl, Herbert Graf und der Studiochef Gerhard Wessely von Soundborn-Studios machten die Brass-Section. Ich spielte meine Soli auf einer original Rock’n’Roll Gitarre aus den Fifties. Der Songinhalt stellte meine Position zur Populärkultur der damaligen Zeit mehr als deutlich klar.



„I don’t go for Michael Jackson, ain’t got no crush on Prince….“ oder „I don’t give a cent for Falco, Modern Talking and for Wham and if you like to kill me baby, use some Hits by Boney M.“ Das mußte die Disco-Fans auf die Palme bringen und meine Konzerte mit Tomaten und faulen Eiern stürmen lassen. Ich versuchte es auch noch mit einer zweiten Nummer, „Jitterbug Boogie“: „ Ask your record dealer, what about the latest hit? He gonna roll his eyes, shake his head, says: Nothin‘ of that disco shit…..!“ Das war der zweite Tritt in die Eier der Discohüpfer, aber nach elf (!) Airplays in Ö3 passierte immer noch nichts. Live zu spielen waren diese Nummern zu kompliziert, aber ich bezweifle, daß diese Songs je einer verstanden hätte. Um sie im Rundfunk spielbar zu machen, verwendete ich Elvis‘ Gesangstechnik aus „Don’t Be Cruel und „I Beg Of You“. Um das Piano nicht zu sehr nach Barrelhouse klingen zu lassen, schnitt man die meisten Mittelfrequenzen ab und gab ein wenig Hall dazu. Die Presse schrieb, daß ich eine Platte im „Heartbreak-Hotel Stil“ gemacht hätte und die Bluesplatte eigentlich die bessere war. Wieder begriff keine Sau, was da vorging. Ich wollte kein bloßes Unterhaltungsprodukt liefern, sondern meinen künstlerischen Standpunkt in Text und Musik klarlegen. Meine blumig zur Schau gestellte Allergie gegen alles was mit der Post-Fifties Kultur zusammenhängt, ist ein integraler Bestandteil des Gesamtwerkes, das da Al Cook heißt. Dazu gehört mein geschniegeltes Outfit, meine Zweireiher, die zweifärbigen Schuhe und meine Frisur, die man 1986 in den Salzburger Nachrichten als die „absolut coolste“ bezeichnet hat. Ob ich cool war oder nicht, kümmerte mich eigentlich nie. Ich war der, der ich immer war und versuchte so gut es ging, nicht zum Wassertropfen im Meer der Opportunisten zu werden. „To Be On Display“ ist eine meiner Lebensmaximen und das schaffe ich von Zeit zu Zeit.



Als ich meine Studiotermine im „Soundborn-Studio“ bekam, hatte ich gerade eine harte Woche vor mir. Jeden Abend mußte ich nach einem anstrengenden Aufnahmetag auf der Bühne stehen und den Zampano machen. Meine Frau brachte selbstgemachte Verpflegung mit und ich nahm eine Nummer nach der anderen auf. Die Bluesplatte machte ich an einem Vormittag, denn am Abend war eine Live-Session angesagt, bei der meine Frau noch die Gäste zusammentrommeln mußte, was auch eine ziemliche Arbeit war. Da ich die Songs vorher gut arrangiert und abgestimmt hatte, ging es gut vorwärts, doch bei einigen Nummern mußte ich improvisieren. Harry und Mike waren noch ausersehen, die Backing-Vocals aufzunehmen, aber gaben nach „Jitterbug Boogie“ auf. Wohl hatten sie früher Beatles-Stimmsätze gesungen, aber die Charakteristika der 40er Ära hatten sie generationsbedingt nicht drauf, was seitens des Studiochefs Gerhard Wessely zum Vorschlag führte, Gary Lux die Backing-Vocals singen zu lassen……(!). Mir traten die Augen aus den Höhlen und mein Überlebenstrieb wurde übermächtig. Bevor ich einen Poptypen an meine Musik lasse, mache ich den Job lieber selbst. Siehe da, ich schaffte plötzlich die Overdub-Technik und so sangen im Background die „Golden Cooksies“. Mein ganzes Leben hatte ich soetwas noch nicht gemacht, aber ich fand es interessant.



Zu meinen Studiogästen zählten zwei Musiker, die den Sound der Mojo Blues Band nachhaltig geprägt hatten. Der Pianist Joachim Palden, eben erst mit der Austro-Sizilianerin Etta Scollo auf Solotrip und der vielseitigste und talentierteste Musiker der damaligen Bluesszene, Christian Dozzler. Für Christian gabs fast kein Instrument, das er nicht beherrschte. Erik Trauner übernahm nach dem Weggang von Joachim Palden fast die ganze Backyard Bluesband, außer den Gitarristen Martin Kunz, der ins Popfach überwechselte. Christian war der Mann, der uns die Cajun-Music der frankophonen Kreolen aus der Swamp-Schule nahebrachte und eher unbeabsichtigt für den einzigen kommerziellen, aber für die Band untypischen Hit der Mojos sorgte….nämlich „Rosa Lee“. Auf „Let ‘Em Rock“ spielte er eine phantastische Jerry McCain-Harp und „Baby Oh Baby“, eine im New Orleans Stil gehaltene Laudatio an meine Frau begleitete er souverän mit einem Professor-Longhair Piano.



Also an Vielfalt ließ Ex 51 nichts zu wünschen übrig. Leider gibt es bei jeder Produktion immer Kritiker, die ihre Tagesverfassung zur öffentlichen Meinung machen. Meinem sonst positiv eingestellten Freund Hans Maitner gefiel die Platte gar nicht und er äußerte sich, sagen wir einmal, ziemlich drastisch, wie es eben so seine Art ist. Offenbar ärgerte er sich, weil Joachim Palden mitspielte, mit dem er sich aus mir nicht bekannten Gründen verkracht hatte. Oder war er vor den Kopf gestoßen, weil auf der LP kein Delta-Blues zu hören war. Es gibt eine Menge Fans, die mich nur mit dem Bottleneck auf dem linken kleinen Finger akzeptieren. Das ist schon richtig, aber ich bin kein Wunschkonzert, sondern ein Künstler, der mit seinen Konzeptplatten einen Sinn verfolgt, der möglicherweise nicht allen klar ist. Offensichtlich nimmt sich keiner die Mühe und liest den Beistelltext und wenn, wird manches oft mißinterpretiert. Dadurch läßt man mich auch mit Elvis nicht in Ruhe, weil mich viele angesichts meiner Erscheinung mit einem Imitator verwechseln. Ich kann nichts dafür, daß ich nach meiner Konvertierung zum Blues nicht schwarz werden konnte und mein Haar sich nicht kräuselte. Dieser Rassemakel wird mir immer wie eine Berliner Mauer vor der internationalen Karriere stehen, das ist mir inzwischen klar geworden. Die Blueszeitschrift „Blues Access“ meinte, daß einer der nicht die richtige Hautfarbe hat, sich nicht herausnehmen kann, den Titel „White King Of Black Blues“ zu tragen. Ich habe mich nie mit Schwarzen verglichen und mich auch nie mit ihnen bei Konzerten geschmückt. Außerdem stammt dieser Slogan nicht von mir, sondern die Presse hat mir 1974 diesen Titel zugedacht. Ich verwende ihn nur, weil er so herrlich provokant ist und ins Gemüt geht…..und seid Euch sicher, ich lasse ihn mir auch nicht nehmen !



Leider hat Gerhard Wessely nach seinem Eingestehen erkannt, daß er es auf der Bluesplatte mit dem Hallpegel ein wenig zu gut gemeint hat, aber ich wollte eigentlich damals keine Bluesplatte machen. Es ging mir nur darum, erstens die Fans zufriedenzustellen und zweitens, dem Motto „From Early Blues To Rock And Roll“ gerecht zu werden.
Innerhalb der unheimlichen Rekordzeit von sechs Tagen hatte ich die beiden LPs mitsamt Mischung und Mastern fertggestellt und noch jeden Abend bis zum Umfallen konzertiert. Danach konnte man mich nur mehr wegwischen. Ich fiel ins Bett und schlief fast 24 Stunden durch.
Die nachfolgende Präsentation fand im Live-Recording Raum des Soundborn-Studios statt. Damit begann auch für meine Frau eine Tour de Force. Tagelang hing sie am Telefon und rief Gott und die Welt an. An die 400 Telefonate waren nötig, bis sich die lahmarschige Szene endlich in Bewegung setzte. Doch dann kamen plötzlich um 60 Leute zuviel als vorgesehen waren. Meiner Frau traten die Grausbirnen aus dem Kopf, da das bereitgestellte Buffet nicht reichen würde. Kurzerhand schüttete sie einen OMO-Topf voll mit Hörnchen, nachdem ihr der Take 1 angebrannt war und ich machte ein Spezialsugo drauf und bruzelte noch an die 30 bärig schmeckende Fleischlaberln (zu deutsch: Bouletten) dazu und diese Notlösung war dann der Hit. Schinken und Lachs blieben auf den Tellern und man fraß die Zugaben ratzekahl. Das war mir eine Lehre bezüglich der Unberechenbarkeit gastronomischer Parameter. Es war aber trotz aller Schwierigkeiten ein toller Erfolg und ich bekam wieder halb- bis ganzseitige Presseartikel. Die Produktionskosten waren so hoch, daß sich die Verkäufe gerade noch rechneten. Nach ein paar Wochen Sturm im Wasserglas schlugen wieder die Wellen des Popalltags über mir zusammen und ich mußte mir neuerlich einen Aufhänger für eine neue Produktion ausdenken.


Der Aufhänger war mein 25jähriges Bühnenjubiläum im Jahre 1989. Dieses Unternehmen schlug alles, was sich auf dem Sektor Blues bisher getan hatte.



Wieder mußte ich das Label wechseln und wieder half mir Peter Ratzenbeck in den Sattel. Diesmal hieß das Label „Die Mühle“. Ich hatte auf  Peters Produktion „Levitation“ den „Big Road Shuffle“ mit ihm und einigen „Bluespumpm“ Mitgliedern eingespielt. Dafür verwendete er sich für mich und es konnte wieder weitergehen.
Aber davon möchte ich erst wieder nach Erledigung der beiden Extraplatten berichten.

Ich hoffe, daß Ihr meine Geschichten noch spannend findet, erzählen sie doch auch von dem damaligen Umfeld, das die nachfolgenden Musikergenerationen nur vom Hörensagen kennen. Bis nächste Woche, Euer AL COOK
Lieder:
Aus EX 49: I’m Wild About You Baby
                    Nobody Wants A Loser (Live)
                    Original Chicago Blues (Live)


Aus EX 51: Confidential Confession
                    Jitterbug Boogie
                    Let ‘Em Rock (Live)