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A LEGENDARY WHITE FACE IN BLUES Seite B

Extraplatte EX 49 – Texte und Erklärungen Teil 2 184 Al Cook 2001

 A LEGENDARY WHITE FACE IN BLUES (1986)

Liebe Bluesfreunde und Al Cook Fans!


Nun geht es mit der B-Seite von EX 49 weiter. Am 13. September 1986 lud ich mir den besten Spezialisten auf der Chicago-Harp ins Soundborn-Studio ein. Es war kein Geringerer als Christian Dozzler, der damals noch den Sound der Mojo Blues Band entscheidend prägte. Christian war ein ruhiger Typ, der nur durch seine Musik zu sprechen brauchte und jeder wußte wen er vor sich hatte. Seine zwei Meter Körpergröße trugen natürlich auch augenfällig dazu bei, daß er nicht übersehen werden konnte, aber man kann Christian als einen der Bluestitanen aus der ersten Reihe betrachten. Zwar merkt man an gewissen untrüglichen Merkmalen, besonders im Gesang, daß er ursprünglich vom Brit-Blues der John Mayall Schule kam, aber wann er es darauf anlegte, konnte Christian mit exzellentem Chicago-Stil aufwarten.
Kurz kam auch mein Drummer und Washboard-Player Harry Hudson zu Besuch und feuerte mich durch seine Gegenwart ganz schön an. Ich muß gestehen, daß es eine Labsal ist, wenn man im schalltrockenen Aufnahmeraum eine vertraute Seele zur Seite hat.
Ich beginne die B-Seite mit einem Remake meines Klassikers „The Working Man Blues“. Bevor ich zu singen begann, spielte ich ein ausgedehntes Intro, wie ich es live nur im intimsten Hörerkreis zum Besten gab.


DIE SONGS

THE WORKING MAN BLUES (4:25)
Rec. 13.9.1986

Lawd, I’m a workin‘ man, and I been workin‘ all day long. (2)
After I done mah work mama, all I done was wrong.
Well, I’m workin‘ from seven, from seven to half past fo‘ (2)
Well, come home in the evenin‘ babe, blues is knockin‘ on mah do‘
Well, I’m cryin‘, I’m cryin‘, that’s when I be on mah way. (2)
I wish the sun come shine down baby, in my backdo‘ someday.

FEDERAL TRAIN BLUES (3:01)
Rec. 13.9.1986

Das Intro zu dieser Nummer, so meinte man damals, klang ein wenig wie das „Bundesbahn-Blues“ Thema und so nannte ich diesen schnellen Gitarrenboogie „Federal Train Blues“.


SOUTH SIDE JUMP (3:15)Rec. 13.9.1986

Al Cook, guitar. Featuring Christian Dozzler, harp


Dieser Cut zeigt, wie gefühlvoll Christian Dozzler die verstärkte Harp einsetzen konnte.
Als wir bei mir zu Hause für diese Nummer probten, war ich von Christians Harpspiel so begeistert, daß ich völlig vergaß, den Kaffee, den ich ihm servieren wollte, vom Feuer zu nehmen. Als es von der Küche nach Verbranntem stank, war mir klar, daß das der Mann für den „South Side Jump“ war.
Die South-Side Chicagos war seit den Tagen der ersten Emigranten aus dem Süden die Anlaufstelle aller großen und legendären schwarzen Bluesmusiker, aber es war und ist ein Ghetto geblieben, wo sich bis heute kein Weißer gefahrlos bewegen kann. Die Bewohner nannten es auch „Little Mississippi“.

I’M WILD ABOUT YOU BABY (2:34)
Rec. 14.9.1986
       Al Cook, voc, gtr.
       Harry Hudson, washboard
       Mike Jerry, bass


 Die Idee zu diesem Song kam von einer Mißinterpretation einer Big Joe Williams Nummer, die „I’m Wild About Her“ hieß. Bei näherem Anhören geht es aber um keine Frau, sondern um etwas, was sich „heavy stuff“ nannte. Was immer auch damit gemeint war, Big Joe sang: „I’m wild about that heavy stuffa mine“. Ich machte daraus einen Sexsong und verwendete sogar eine Strophe aus „Rock Me Baby“. Natürlich mußte ich wieder das Original entschärfen, da es pure Pornographie war. Solche Porno-Blues nannte man damals Party-Blues und man kann sie auf Spezialplatten finden.
Die Musik ist aber von der Instrumentierung her bemerkenswert. Harry Hudson ist ein perkussiv begabter Musiker, dessen Talent erst ich durch Zufall entdeckte. Heute ist er ein gefragter Schlagzeuger, wenn es um authentische Rhytmusbegleitung geht. Zum ersten Mal kann man ihn hier auf dem Washboard, dem beliebtesten Perkussionsinstrument der Country-Blues Musiker hören. Man denke nur an legendäre Größen wie Washboard Sam oder Bull City Red. Nur ist der gute Harry ein Tiefstapler und glaubt nicht so recht an seine Bühnenwirksamkeit, aber ich wette, daß er das Publikum sicher in Begeisterung versetzen kann, denn er ist noch dazu ein guter Sänger.
Leider hat die Tontechnik bei der Klangbearbeitung der Washboard-Spur keine Großleistung vollbracht, denn sie klingt, wie wenn jemand mit einem Halskettchen spielt; dünn und ohne Körper. Dafür war aber die Mischung der Baßspur ein Hit. Ich wollte Mike Jerry auf einem Washtube-Bass spielen lassen, aber er getraute sich anscheinend nicht, auf die Sicherheit von Gitarrenbünden zu verzichten. Nun geschah das Unglaubliche: Mike entwickelte auf seinem Fender Precision-Baß eine Technik, die dem stumpfen undefinierbaren Ton eines akustisch gespielten Instrumentes glich und Gerhard Wessely, der Soundborn-Chef legte Hand an seine Konsole und der Doghouse-Bass Sound war geboren. Ich glaube nicht, daß es bei uns je einen derartig innovativen E-Bassisten gegeben hat, wie Mike Jerry. Als er später auf einen alten Höfner Beatles-Baß umstieg, war er für mich der ideale Partner. Nach seiner Emigration nach South Carolina blieb sein Platz für immer leer. Fünfzehn Minuten vor Aufnahmebeginn schrieb ich während einer Kaffeepause den Text und arrangierte den Ablauf.


You got some heavy hips, some ruby-red lips,
You got somethin‘ baby, made my heart just flip.
(CH)I’m gittin‘ wild about you baby, I mean wild about you baby
        I mean, wild about you baby, can’t wear you off my mind.
You make a blind man see, a lame man run,
And when it comes to lovin‘ make a dead man come.
You know you’re my desire, I never let ya go,
Ev’rytime I meet you baby, makes me climbin‘ up the wall.
You know that you’re my babe, my only sugar girl,
‘Tain’t such a lover all around the universe.
        I’m gittin‘ wild about you babe…….


NOBODY WANTS A LOSER (4:50)
Rec. 21.9.1986

Al Cook, voc, gtr
Harry Hudson, dr
Mike Jerry, bs
Joachim Palden, pno
And a wonderful audience.

Unsere Gesellschaft, die vom Fit and Fun Faschismus regiert wird und des Menschen Wert nur durch seine Bonität definiert, kann keine Problemtypen und erklärte Verlierer brauchen. Man trägt seine goldenen Kreditkarten wie Ritterkreuze vor sich her und so mancher zerbricht oft tonlos vor sich hinschluchzend im Stillen, denn Schwächen und Probleme sind der Spaßgesellschaft peinlich.
Ich habe gelernt, aufrecht durchs Leben zu gehen und getreu meinem Motto „Take The Good With The Bad“ alles mit stoischem Gleichmut zu nehmen. Der mich und mein Leben kennt, wird das bestätigen.
Für die erste Live-Plattensession meines Lebens hatte ich alle die mir lieb und wert waren als Publikum ins Soundborn-Studio geladen und wir nahmen vier Nummern auf, von denen je zwei auf EX49 und EX51 eingespielt wurden. Es gibt von dieser Session ein Amateurvideo, das in meinem Besitz ist.
Stilistisch unterscheidet sich „Nobody Wants A Loser“ deutlich vom Rest meiner Nummern. Ich arbeitete mit einem erweiterten Harmonieschema, das besser zu meinem, von B.B.King geliehenen Gitarrephrasen paßte. Ich wollte einfach zeigen, daß ich auch die klassische Moderne beherrschte. Auf einer geliehenen Telecaster (!) spielte ich sparsame Phrasen, um die Soli nicht zu einer Fingerübung ausarten zu lassen. Da ich mir keinen Text vor die Nase halte konnte, verbrachte ich eine Nacht mit Auswendiglernen, was mir dann sowieso teilweise entfiel, da ich es mit dem inneren Speichersystem habe.

Well now, nobody wants a loser, ev’rybody wants to win. (2)
Maybe allright for you, people, but look at the shape I’m in.
Well, my mother died in pain, my dear old daddy too,
The one I love done left me, deep down in my blues.
But nobody wants a loser……
Well, I feel all broke and busted, my mind shook up with fears,
I ran out of my money, I’m drownin‘ in my tears.
But nobody wants a loser……
Well, there’s one thing in my life babe, that I want you to know,
Nobody wants a loser, nobody wants to go….
But nobody wants a loser……..
Well, there’s one thing in my life babe, that I want you to know,
Nobody wants your troubles, you have to fight all on your own.
Nobody wants a loser…..
……I’ll change the shape I’m in !

Anstatt der vierten wollte ich offensichtlich die fünfte Strophe singen, aber sie fiel mir einfach nicht ein und ich verlängerte eben um eine. „I‘ll change the shape I’m in“ sang ich, weil meine Frau im Publikum saß und ich wollte diesen Song nicht ohne Hoffnung und Zukunftsperspektive enden lassen. War sie es doch, die sich nach Kräften bemühte, mir nach all den dunklen Jahren ein Engel ins Licht zu sein.



ORIGINAL CHICAGO BLUES (3:40)
Rec. 21.9.1986


Al Cook, voc,gtr
Harry Hudson, dr
Mike Jerry, bs
Joachim Palden, pno
Christian Dozzler, el-harp
       And a terrific audience.
1966 hatte in unseren Landen noch kein Mensch eine blasse Ahnung was ein Blues ist. Ich hatte mir soeben die Grundlagen der Slide-Guitar Technik beigebracht und spielte Sologitarrist in einer Tanzband (unglaublich!). Ich hatte dort meine ersten größeren Bühnenerfahrungen mit dem Massenpublikum gemacht. Meine Aufgabe war es, ein paar Elvis-Nummern zum Besten zu geben und den Leuten mit meiner Show ein wenig einzuheizen. Der Erfolg war, daß man mich als Museumsstück belächelte und froh war, mich nachher mehr oder weniger höflich ins Glied zurückzuapplaudieren. Da kam eine Chance, einen Wettbewerb mitzumachen und ich sagte zu. Doch nur unter der Bedingung einen neuen Wind in die Schlabberband zu blasen. Wir mußten auffallen, den Elvis hatte seinerzeit die Welt der Erwachsenen auch durcheinandergebracht. Frei nach Tom Parker’s Motto: „You got to be different, if you wanna make it“, wählte ich eine Nummer, die ich frei nach Elmore James komponierte, den „Original Chicago Blues“. Wie das mit Farfisa-Orgel und staksigem Kommerzgeklampfe als Background geklungen haben mag, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen. Bereits meine mit Pickup aufgemotzte Westerngitarre sorgte für vereinzelte Lacher. Als wir uns in Pose stellten, sagte jemand aus dem Publikum:“Was will der Komiker mit seiner auffrisierten Wanderklampfe ?“ Für Aufregung war gesorgt, aber nicht mit der Art, wie ich sie mir erhoffte. Die „Jury“ bestand aus dem bekannten Herrn „Adabei“, Roman Schliesser, einer auftoupierten Miß irgendwas, einer Hausfrau, einem unwichtigen Plattenheini und einem Kommerzmusiker, der zufällig ein Arbeitskollege war.
Als ich nach einer Rezitation von „Love Me Tender“, meine Gitarre auf Open-D stimmte, wars um mich geschehen. Diejenigen, die Musiker waren, stand der Mund offen, während die Tanzpärchen unwillig murrten. Zwar bin ich der schnellste Gitarrestimmer zwischen Scheibbs und Nebraska, aber es gab doch ein Loch im Programmablauf.


Dann legte ich los, die Gitarre nahe an der Overdrive-Grenze; das gabs damals noch nicht. Wie wenn man eine Tarantel ausfs Tanzparkett geschmissen hätte, stob das Publikum auseinander. Ich röhrte, was das Zeug hielt und war blind wie ein Hirsch während der Brunft. Nachdem die Nummer vorbei war und die „Jury“ ihre Wahl getroffen hatte, hießen die Sieger „Crew 2000“. Ich ging ab, ohne nur einer Erwähnung wert gewesen zu sein. Meine Bandmitglieder scholten und beschimpften mich aufs Ärgste, denn ich hatte ihnen eine vage Chance verpatzt, bei einem Wettbewerb wenigstens einen Blumentopf zu gewinnen. Ich packte meine Gitarre und wurde von der Band verabschiedet. Aus den „Spacemen“ ist nie etwas geworden. Ich pfiff auf Publikum und Kommerz und vergrub mich in den Blues. Erst ein Jahr später sollte ich es mit einem Trio nochmals versuchen.
So geschehen im Jahre 1966 in der „Tenne“, aber Hannes Patek, ein Mitglied der legendären „Bambis“ begriff, was da vorging. Er erinnert sich noch heute gerne an mich.

Lawd, I left my mother, standin‘ in the doorway cryin‘. (2)
Lawd, she cried so much, she even don’t mind dyin‘.
I’m leavin for Chicago, gon‘ find myself a job. (2)
I hope to find a band, who knows how to reel and rock.
Lawd, I‘ da leave Chicago, lawd, I’m goin‘ back home. (2)
Cause I can’t stay in that city, Lawd I can’t stand it long.
I’m gonna leave this town, leave this town for sure. (2)
Lawd I can’t stay here long, now Iwanna go home.        

Nächste Woche beginne ich mit der Beschreibung der EX51, also der „Rockplatte“, wie man sagt. Diese LP ist meiner Meinung nach vom kompositorischen Standpunkt die Bessere und ich habe in den Texten viel von mir selbst verarbeitet. Es wird sicher wieder eine Knochenarbeit.

                                                                                         Bis dahin alles Liebe               Euer   AL COOK


PS: Wenn Gott, in diesem Falle Wolf-Records will, erscheint meine CD „The Country Blues“ mitte November.