AL COOK IM RADIOKULTURHAUS
Jubiläumskonzert zum 50. Bühnenjahr der Blueslegende.
Eine Live-Sendung des Österreichischen Rundfunks.
Gesendet am 20. Jänner 2014 um 19:30 auf Ö1.
Eigentlich sollte es vorerst nur ein Al Cook Konzert im intimen Rahmen des Radiokulturcafes werden, sozusagen ein „Special Event“ für Kenner und eingeschworene Fans, die abseits der medialen Eintopfkost wieder einmal handgefertigte Musik hören wollten, die der breiten Öffentlichkeit bekannterweise ja nicht so einfach zugänglich ist. Was bot sich da Geeigneteres an, als deftige Blueskost aus der Küche des „White King Of Black Blues“, des Garanten für Stilechtheit und Authentizität. Also setzte sich Herbert Uhlir, der Jazzredakteur des Kultursenders Ö1 mit Al Cook in Verbindung und bot ihm einen Jännertermin im Radiokulturcafe an, den der Künstler gerne und mit Freuden annahm. Zum bevorstehenden Bühnenfünfziger war das ein willkommener Jahresanfang. Doch schon eine Woche nach der Terminfixierung läutete das Telefon und eine charmante Stimme aus der Redaktion gab die Verlegung des Konzertes in den Großen Sendesaal des Wiener Funkhauses bekannt. Man plante eine eineinhalbstündige Live-Übertragung ohne Spielpause. Da konnte man einfach nur begeistert zustimmen und sich freuen. Doch vor soviel Ehre bekam sogar ein altgedienter Haudegen wie Al Cook das Fracksausen. Eine Live-Sendung mit authentischem Blues hat es in dieser Länge bei uns bislang noch nicht gegeben. Also trommelte Al Cook seine XXL-Band zusammen und es konnte losgehen.
Zu Charlie Lloyd am Piano und dem altgedienten Schlagzeuger Harry Hudson kamen noch der wieder eingestiegene Bassist Mike Jerry, sowie der Harpspieler Steve Rush dazu, eine faktisch unschlagbare Formation. Geprobt wurde außer einer kurzen Kontaktsession eigentlich nicht, denn Blues lebt bekanntlich vom Augenblick und nicht von akademischer Taktpizzelei. Die Post geht ab oder nicht, das ist nun mal so in diesem Genre.
Binnen kurzer Zeit war das Radiokulturhaus ausverkauft und man mußte noch Sitze im Bühnenbereich applizieren…ein gutes Zeichen für die richtige Stimmung.
Herbert Uhlir, der Jazzredakteur des ORF war persönlich zugegen und begrüßte die bereits mit Vorschußapplaus bedachte Blueslegende, die sich etwas atemlos vor der Bedeutung dieses Events, sowie für die erwiesene Ehre bedankte, in dieser heiligen Halle, sowie vor ungezählten Radiohörern konzertieren zu können.
Dann griff Charlie Lloyd in die Tasten und es konnte losgehen. „The Blues Ain’t Nothing But..“ Hundert Jahre Bluesgeschichte und es geht im Grunde seither stets um Dasselbe…“Things Ain’t Goin On Right..“ Das Leben, wie es nun mal so ist…Das Gscherr mit der „Barrelhouse Mama“, die dem hart arbeitenden Mann die mageren Kröten aus der Tasche zieht, sie nachher mit ihrem „Backdoor Man“ im Barrelhouse versäuft und dann zu Hause Stunk macht, wenn sie voll ist. Dann rockt Al Cook das Haus mit „Down In Boogie Alley“ einem Song, der das harte Los der „Hookers“ beschreibt. Rasiermesserbewehrte Straßendirnen, die ihre Dienste androhen, statt anbieten. Auch der Liebhaber fehlt nicht, der alles tut um seine Angebetete zu halten und dann doch zu den „Piney Woods“ zurückkehren muß, von wo er hergekommen ist.
Die Stimmung steigt und man spürt wie Kunst auf der Bühne entsteht…
Das Publikum wird langsam eins und läßt sich durch Al Cooks kräftigen und ausdrucksstarken Vortrag ins Land des Blues entführen, denn die erstaunliche Diversität historischer Bluesstile läßt auch nach fast einer Stunde keine Langeweile aufkommen. Als Al Cook nur mit einer Dobro-Gitarre bewaffnet, allein auf der Bühne sitzt, füllt er den Raum mit einer Kraft und Intensität, die nur wenigen gegeben ist. „Big Fat Mama, ein Lobgesang auf die pralle Weiblichkeit trägt er in einem selten gehörten Delta-Blues Stil vor, was auch für erheiternde Zustimmung seitens des männlichen Publikumsteiles sorgt.
Schließlich greift der Meister ganz tief in die archaische Kiste, zieht ein Messer aus der Tasche und führt vor, was über hundert Jahre zuvor W.C. Handy, der Schöpfer des St. Louis Blues auf einer Bahnstation im tiefsten Mississippi zu Ohren bekam. Hier wird demonstriert, wie Blues in Hawaiigitarren-Manier mit einem Messer gespielt wird. Da diese Spielweise der breiteren Öffentlichkeit so gut wie unbekannt ist, erweist sich das Stück als weiteres Highlight und wird heftig akklamiert.
Schließlich macht Al Cook dann noch einen Ausflug ins tiefste Alabama, bei dem er bis an die Grenzen seiner stimmlichen Bandbreite geht. Dazu ruft er den Harpvirtuosen Steve Rush auf die Bühne und der legt im Feldarbeiter-Stil eines Jaybird Coleman los, daß den Zuhörern der Mund offensteht. So etwas hat das Kulturpublikum auch jenseits abendländischer Klassik noch nie gehört. Doch langsam wird es Zeit, das Finale anzusagen.
Vorher aber soll noch der Pianist Charlie Lloyd sein Feature bekommen. Was sich da anbot, war von vornherein klar. Roosevelt Sykes, ein führender Pianist aus der klassischen St. Louis Szene der Zwischenkriegszeit war immer das unerreichte Vorbild des Bluespianofans Al Cook und Charlie war so ziemlich der Einzige, der sich näher mit diesem Klavierstil auseinandersetzte. „Bad Things On My Mind“, eine schon vor über 20 Jahren aufgenommene Cook-Komposition ließ dem Pianisten freie Hand, sein Können voll auszuspielen, was durch kräftigen Szenenapplaus goutiert wurde. Zu Ende des Konzertes vereinigte sich die Band wieder, um mit einem furiosen Finale Abschied zu nehmen..
Das Publikum belohnte Al Cook und seine Mannen mit Standing Ovations und vielen begeisterten Reaktionen, sowie zahlreichen internetlichen Danksagungen.
Es war ein schönes und vorallem denkwürdiges Konzert, das man lange nicht vergessen wird.