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IM FORUM IST DER TEUFEL LOS

IM FORUM IST DER TEUFEL LOS

Nach einer Pause von fast zwei Jahren habe ich mich entschlossen, wieder Beiträge für meine Blues Kitchen zu verfassen. Es gibt wieder allerhand, über das man schreiben, oder sich Gedanken machen kann.

Bevor ich mich aber wieder an sachbezogene Themen heranmache, möchte ich ein Kapitel behandeln, das in letzter Zeit die Gemüter unserer Bluesgemeinde erhitzt hat. Zweifellos hat sich die Willkommensseite unserer Blues at vom Insidertip zum öffentlichkeitstauglichen Medium gemausert, aber wie das halt bei expandierenden Institutionen so ist, man kommt ungewollt in Gefilde, die mit dem ursprünglichen Sinn der Grundidee immer weniger zu tun haben.
Ich habe das einst mit einigen meiner Stammlokale erlebt, die ihren steigenden Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad mit dem schleichenden Verlust ihrer Identität bezahlten. Es war kein schmerzhafter Schnitt, eher ein sanftes hineingleiten in etwas, was man zu Beginn nicht beabsichtigt hatte. Plötzlich steht man vor Erfordernissen, die sich einfach aus der Entwicklung ergeben und die kann man unter dem Terminus Anpassung durch Erfolgs- und Überlebenszwang ablegen. Für mich persönlich lautet die Diagnose Tod der Grundidee durch Verlust der Zeitgeistresistenz. Louisiana, paß auf….



Was das mit der Blues at zu tun hat….?
Einiges, würde ich sagen. Dazu eine kleine Geschichte, wie ich so zu verlauten pflege….
Als ich im Jahre 2001 vom legendären Busy Tom Deinbacher eingeladen wurde, mich mit einer eigenen Kolumne am Portal der Blues at zu etablieren, betrachtete ich das als Ehre und vor allem als Aufgabe, den Besuchern dieser Website unentgeltlich und mit Idealismus meine Erfahrung als dienstältester Bluesman zur freien Verfügung zu stellen.
Ich dachte mal kurz nach, wie man einem weitgehend unbedarften und von der Popkultur beeinflußten Publikum den Blues in seiner echten und authentischen Form nahebringen könnte. Ich wählte dafür ein lockeres, populärwissenschaftliches Konzept, das auch mit ein wenig Augenzwinkern und  manchmal sarkastischer Provokation unterlegt war, um Stoff für belebende Diskussion zu liefern. Mit der Methode, etablierte Stars auf’s Menschliche zu reduzieren, verfolgte ich eigentlich die Absicht, den tausenden Amateuren und Hobbymusikern Mut zur Kunst zu machen, indem ich aufzeigte, daß die da oben im Olymp auch nur mit Wasser kochen. Ich gestehe mir ehrlich gesagt, das erforderliche Basiswissen für ein solches Unternehmen zu.
Womit ich aber keinesfalls gerechnet habe, war die Tatsache, daß ich damit den Eindruck erweckte, weltweit etablierte Idole und verehrungswürdige Stars aus Brotneid, Mißgunst und Arroganz vom Thron stürzen zu wollen.
Natürlich hatte auch ich als junger Mann meine Stars zu denen ich aufschaute und die mir lange Zeit als Krücken für meine Künstlerlaufbahn hilfreich waren. Der Unterschied zu vielen meiner damaligen Weggefährten aber war der, daß ich in kurzer Zeit erkannte, wo die Grenzen der Genialität solcher Stars waren und zur Erkenntnis kam, daß der Rest bloß aus geschickter Managementstrategie bestand.



Ich merkte jedoch leider ziemlich spät, daß sich die Bluesszene in eine Richtung verändert hatte, die mir ganz und gar nicht egal war. Der Bluesbegriff, dem meine Generation noch verpflichtet war, begann sich zusehends aufzuweichen und es geschah etwas, was ich mir in meinen schlimmsten Träumen nie gedacht hätte. Die Popkultur und das globalisierte Gedankengut der New-Age Bewegung mit ihren schwammig-zerronnenen Toleranzbegriffen sickerte wie Sirup durch die bereits brüchig gewordenen, hundertjährigen Mauern des House Of Blues.
Die neue Generation der Blues- und sogenannten Bluesorientierten Musiker und deren Fangemeinden hatten eigentlich die Beziehung zur Basis verloren. Sie wuchsen mit einer Musikkultur auf, die eigentlich nichts mehr mit den historischen Wurzeln des Blues zu tun hatte. Ohne das Fundament zu kennen, begannen sie das Haus erst vom 10. Stock ab wahrzunehmen und wunderten sich erst einmal, wer das sein mochte, der ständig gegen die Moderne wetterte. Aus der Verwunderung erwuchs aber bald Antipathie und sogar offene Gegnerschaft, denn man konnte sich meine Einstellung nur aus einem generationsbedingten Festhalten an offenbar überkommenen Traditionen erklären.
So war und ist es aber nicht. Ich bin durchaus kein realitätsferner Ewiggestriger, der nicht wissen will, was sich in der Welt tut. Ich habe nichts gegen Entwicklung und Moderne…wenns auch ehrlich gesagt, nicht mein Bier ist. Würde ich so denken, wäre ich nicht einmal zum Country-Blues durchgekommen, denn davor gab es hauptsächlich operettiges Vaudeville a la Mamie Smith und Konsorten. Ich versuchte bloß den Blues gegen Popmusik abzugrenzen….warum eigentlich??



Auch das will ich erklären.
Mir geht es bei dieser Frage erst einmal nicht darum, ob mir diese oder jene Nummer gefällt, oder nicht…oder ob das gute Musiker sind, oder nicht.
Ich grenze das Ganze vorerst einmal in Bezug auf die kulturelle Entwicklung der Afro-Amerikanischen Gesellschaft ab, die mit Ende der Fünfziger und dem Engagement in der frühen Bürgerrechtsbewegung der Symbolfigur des Uncle Tom und der Crow Jane ein jähes Ende gesetzt haben. Namen wie Martin Luther King, Malcolm X oder Elijah Mohammed als Urgestein der Black Muslims fungierten seither als Dreibein, auf dem sich das neue Selbstverständnis der Schwarzen konsolidierte.
Zum echt-ursprünglichen Blues aber gehört diese Uncle Tom Mentalität und dieses rudimentäre Spiel, wenns auch durch Lonnie Johnson zur Virtuosität ausgereift wurde.
Der neue Geist der Schwarzen manifestierte sich durch ein trockenes Statement des Vorzeigestars Tina Turner. Sie sagt es in ihrer Biographie frei heraus…“Ich will diesen Blues nicht mehr singen, Ich will Rock n Roll machen..“ (Wie auch immer sie diesen Terminus interpretiert). Auch Willie Dixon, der ungekrönte König des modernen Chicago Blues gibt es uns unmißverständlich…“Der Blues muß heute politisch sein…schluß mit dieser vorgestrigen Baumwollscheiße. Überall haben sie heute Computer und was gestern war, interessiert kein Schwein“. (Etwas frei übersetzt nach „I am the blues“, einer offiziellen Dixon Biographie)
Die Schwarzen als eigentliche Urheber dieser Musikkultur haben ihre ureigenste Schöpfung wie ein ausgeleiertes Grammophon auf die Müllkippe der Musikgeschichte geschmissen.
Wenn auch ein paar Musiker, wie z.B. Keb Mo den Blues noch pflegen, heißt das nicht, daß er ethnologisch gesehen, noch lebt.
Langer Rede kurzer Sinn, der Blues ist dahin. Zumindest für die, die ihn einmal geschaffen haben. (Anm.d.Verfassers)



Doch nun zurück zur Forumsdiskussion…
Immer wieder gibt es Themen, die mit dem Blues wenig bis gar nichts zu tun haben und da ich wahrscheinlich unter der Zwangsneurose leide, jedesmal meinen Senf dazuzugeben, fühle ich mich immer wieder bemüßigt, mich einzuschalten…weil ich einfach nicht einsehen kann, was das mit Blues zu tun haben soll.
Ich werde dann als Bluespolizist, Ayatollah, Gott von eigenen Gnaden und was weiß der Teufel noch, pauschal abqualifiziert. Zu all diesen Schmähungen gibt es auch noch Anonyme, die öffentlich fordern, mir die Internetlizenz zu entziehen. Jedesmal kostet mich mein als Besserwisserei mißverstandenes Engagement auch noch die letzten Sympathien von Leuten, die mich bislang für kompetent gehalten haben. Dabei will ich nur aufklären…wozu lebe ich, seit ich 19 war, für den Blues?!

Wenn sich dann fallweise doch noch Leser finden, die mir zur Seite stehen, schießt sich die Meute der Meckeranten mit Attacken und unsachlich-persönlichen Schleuderargumenten auf diese Personengruppe ein. Wenn nach einer Weile die Grabenkämpfe an Ermüdung und Desinteresse ihr Ende finden, erklären die Kontras dann, daß ihnen die Frage ob das als Blues, Pop oder Schlager bezeichnet werden soll, eigentlich schnurzegal ist. Es ist gute Musik und uns gefällts….das war aber nicht die Kernfrage. Die Fidelen Gurkentaler haben vielleicht zehn mal so viel Erfolg wie Al Cook, die Mojos und die Wiener Linien Blues Band zusammen….aber was haben die in der Blues at verloren?? Das ist des Pudels Kern, den die Herrschaften einfach nicht begreifen wollen.



Eines kann sich der Leser jedoch sicher sein… Es gibt wieder reichlich Diskussionsstoff und man kann sich auf meinem breiten Rücken nach Herzenslust ausbaldowern. Ob mir das popularitätsmäßig was bringt, wird die Geschichte zeigen. Bisher merke ich wenig.
Sogar mit dem Lockangebot, mir den Spaß zu gönnen, durch zwei Flaschen Champagner alle Streithähne an einen Tisch zu bringen, scheine ich offenbar nichts erreicht zu haben. Manchmal habe ich den Eindruck, es mit angeleimten Sandsäcken zu tun zu haben.
Nicht einmal meine Kollegen von der authentischen Bluespartie sind mir zur Seite gestanden, doch man hat sich wenigstens die Mühe gemacht, mir die Situation mit wenigen Worten klar zu machen. Wo die Grundkriterien nicht stimmen, hat auch diskutieren keinen Sinn….alles klar, Herr Kommissar? Nun ja, das mag mir einleuchten. Aber wer macht meine Arbeit, wenn ich nicht mehr bin. Ein adäquater Nachfolger steht zur Zeit noch aus….aber seien wir uns ehrlich, wer nimmt schon in Kauf, was ich durch vier Jahrzehnte zu schlucken bereit war. Nächstes Jahr werden es 45 Jahre, daß ich mir das mit dem Blues antue. Bringe ich‘s noch zum 50er?? Das soll Gott und das Publikum entscheiden. Vielleicht schaffts der Wahnsinnige von der Landstraße noch.

In diesem Sinne…The Blues Will Never Die (Copyright: Erik Trauner)
Zusatz: How Long, How Long (Leroy Carr)
Und ich…..As Long As…..denkt Euch Euren Teil

                         Euer AL COOK                      © by Al Cook 2008