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DER BLUES LEBT!!

© Al Cook Nov.2005

DER BLUES LEBT!!

Ich bekam durch meine Freundin Cotton Jane eine handvoll Ausdrucke, die sich mit dem Thema Bluestod beschäftigen. Vorerst möchte ich gerne wissen, wer sich hinter einigen dieser Nicks versteckt, denn es sind dieselben, die immer etwas zu maulen haben, aber keine Ahnung vom heutigen Musikgeschäft und unserer Kulturpolitik, geschweige denn von der Mentalität gewisser Veranstalter haben.
Aber….man freut sich, daß sich auf dem Friedhof der Blues at. wieder etwas tut. Die Halb- und Untoten haben wieder ein Thema, über das es etwas zu sagen gibt. Übrigens, was redet da einer, daß es nicht einmal Konzertberichte gibt. Seht Euch doch einmal meine Website an und Ihr werdet gleich einen Konzertbericht über drei Events finden. Ihr braucht Euch nur aus Eurem kontraproduktiven Phlegma herauswursteln und manche Dinge werden zumindest statistisch wahrscheinlicher.

Wenn ich mir als „altgedienter Wichtigtuer und Besserwisser“ ein paar Worte erlauben darf, möchte ich Euch einmal einleitend in Erinnerung rufen, daß ich es war, der vor 41 Jahren den Blues im deutschsprachigen Raum salonfähig gemacht hat. Bis dahin lebte der Blues ein nebensächliches und untergeordnetes Underdogdasein im Programm blutleerer Dixielandformationen und ich war der Erste der sich getraut hat, authentischen Cottonfield-Blues in seiner reinen Form vor Publikum vorzutragen.



Bis 1970, als man sich durch die Folk-Bewegung des Blues gewahr wurde, spielte ich vor Publikum, das Euch nicht einmal wert gewesen wäre, eine Gitarre in die Hand zu nehmen. Aber nach sechs Jahren Blueserfahrung vor Bierzelt- und Discoidioten war ich so hart und resistent geworden, daß ich eine Persönlichkeit entwickeln konnte, an der niemand mehr vorbeikonnte. Ich habe den Blues von der Pike auf erlebt und erlernt und Ihr wollt nach drei Proben und mit mangelhaftester Fachkenntnis und ohne Gesicht die „Mördergagen“ abkassieren?
Ich gebe zu, daß ich in den 70ern das Glück hatte, mir durch die Presse ein unverwechselbares Image aufzubauen und in den Medien stetig präsent zu sein. Aber man muß erst einmal etwas zu bieten haben und das ist erst einmal Können. Wenns auch nicht technischer Art ist, man muß etwas zu sagen haben. Bloß irgendwelche Blueshits in lautsprecherzerbröselnder Dezibelzahl dilettantisch abzuspulen, genügt nicht. Lautstärke hat noch nie über mangelnde Aussagekraft hinweggeholfen. Kreischende E-Gitarren, Prügelbässe und King-Kong Schlagzeuger sind keine Garantie, daß „die Post abgeht“, so wie manche meinen. Publikum, das nur auf so etwas abfährt, könnt Ihr sowieso vergessen. Das ist kein seriöses Bluespublikum. Lernt, lernt und lernt…und zwar von der Pike auf, dann könnt ihr beurteilen, ob Ihr als Bluesmusiker etwas taugt.
Um Gagen zu verlangen, müßt Ihr einmal ein Gesicht haben. Es genügt nicht, auszusehen wie ein Obdachloser mit abgelaufenem Freifahrschein und auf „Scheißminix“ (der erste Bluesgallier) zu tun. Seht Euch einmal die Blueskünstler die Geschichte machten, an. Vom ersten Dollar, den sie mit Plattenaufnahmen machten, kauften sie sich einmal „Sharp Threads“ (etwa: heiße Klamotten) um sich vom ordinären Cottonpicker zu unterscheiden. Dann legten sie sich eine Optik zu, die sie unverwechselbar machte, so wie ihren Stil den sie spielten. Ihre Show untermalte die Musik. Heute artet das oft zum Kasperltheater mit Musikbegleitung aus und jeder spielt dasselbe.
Nur der, der ein Gesicht, ein Image und Überzeugungskraft hat, kann Gagen verlangen, die über die Butter aufs Brot hinausgehen. Man muß auch manchmal nein sagen können. Die Musiker, die um Bettelgagen spielen, ruinieren den Kollegen das Geschäft.
Jetzt kommen wir aber zu den Veranstaltern und Medienfuzzis.



Den meisten Veranstaltern, die auf kommerzieller Basis arbeiten, ist es – Verzeihung – scheißegal, wer da oben auf der Bühne klimpert. Er will die Hütte vollhaben, Umsatz machen und die niedrigste Gage aushandeln, um mit Maximalgewinn auszusteigen. Wenn die Lustigen Obergurgler mit Klodeckeln klappern und dazu singen, wie der berühmte Hahn am Mist, zahlen die ohne Zittern 10000 Euro. Selbst die Gagen unserer Poptopstars verblassen neben Typen wie Hansi Hinterseer, der nicht einmal zu seinem eigenen Vollplayback lippensynchron Maul auf – Maul zu machen kann.
Der zweite Typ Veranstalter sind die medizinisch so bezeichneten „Verhältnisblödsinnigen“, die ständig vom „Wahnsinnsevent“ reden und nicht einmal imstande sind, ein paar Plakate aufzuhängen, weil sie kein Startkapital aufbringen. Solche Großmäuler läßt man auch bei Musikredaktionen „auf die Seife“ steigen. Verhältnisblöde werden im Lehrbuch für Psychiatrie folgendermaßen beschrieben: Diese Charaktere wirken anfangs sehr überzeugend, zünden tausend Dinge an und verlieren sich bei deren Durchführung, denn sie spüren unbewußt, daß sie sich zuviel zugemutet haben und am Ende suchen sie sich nebulose Ausreden, warum die Sache schiefgegangen ist und verschwinden ins Nichts. Mir ist so etwas früher nicht nur einmal passiert. Einmal suchten sich betrügerische Veranstalter einen Strohmann, der teilentmündigt war und nicht belangt werden konnte.
Der dritte Typ Veranstalter ist der schlimmste. Der Menschenverächter, der den Künstler als Dienstpersonal betrachtet. Meistens sind das Leute, die über genug Geld verfügen, um Eric Clapton als Kofferradio zu buchen. Ich habe als Jüngling auch mit solchen Typen zu tun gehabt. Die Gesellschaft sitzt bei Tisch, frißt Hummer und Kaviar, während sich der gute Cooksie bei offener Tür im Nebenraum den Arsch wegspielt. Dann kommt noch einer daher und sagt mir, ich solle leiser spielen, denn man kann sich bei meiner Musik nicht unterhalten. Dann gabs 2000 Schilling und ich ging nach Hause. Was sagt Ihr dazu? Ich habe erlebt, daß ein Richard Lugner für eine Fünfmannformation 10000.- Schilling gezahlt hat und ich mußte mir noch das blöde Gequatsche seiner Seitenblickegesellschaft anhören. Eine bodenlose Frechheit, wenn man bedenkt, daß er für den Opernball irgendeiner glubschäugigen Tussi, die nur saublöd in die Gegend grinst, Millionen in den Slip schiebt. Die Gage ist für mich kein Arbeitslohn, sondern eine Anerkennung für die Kunst.



Und dann gibt’s die von der Sache überzeugten Idealisten.
Damit wären wir bei Britta und Poldi, die liebenswürdigsten Konzertlokalbesitzerinnen, die Wien aufzuweisen hat. Diese beiden Frauen haben sich zur Aufgabe gestellt, in ihren Lokalen Kunst passieren zu lassen. Daher bin auch ich mir nicht zu schade, für Sammelgeld zu spielen, denn hier liegt die Last beim Publikum, das sich blamiert, wenn der Hut nicht wenigstens mit Zehnern gefüttert wird. Der Sektkübel oder der Hut sind hier Symbole, die das Image der beiden Lokale ausmacht. Die zwei Damen sind bewundernswerte Idealistinnen, die sich vom Sammelgeld keinen Cent behalten und alles für die Musik geben. Poldi könnte sich viele der auftretenden Künstler nie leisten, wenn sie nicht aus Liebe zu diesen liebenswerten Frauen und vor allem wegen des exzellenten Publikums spielen würden. Also keine unqualifizierten Bemerkungen über Britta, Poldi & Co. Selbst wenn es mir vergönnt gewesen wäre, eine internationale Karriere zu machen, hätten die beiden Damen auch nicht auf mich verzichten müssen.

Was die Medienlandschaft der Audiovisuellen Art betrifft, sind die ORF Verantwortlichen weit von ihrer Verpflichtung zum Kulturauftrag entfernt. Sicher hat man es der Initiative des Jazzredakteurs Herbert Uhlir zu verdanken, daß sich in Ö1 etwas in unserer Richtung tut, nur welche Hörerschicht sitzt um, oder nach Mitternacht beim Radio. Nur wieder dieselben, die die Musik ohnehin kennen und schätzen. Das Gros des Publikums schläft schon, der Rest hört sich in Ö3 den Nachttalk an. Offensichtlich ist es den voyeuristischen Nachtvögeln wichtiger zu hören, welche Sexualprobleme die Vroni mit dem Sepperl hat. Man hat gesendet und damit seine Schuldigkeit getan. Wenn keiner zuhört, ist es halt Euer Pech. Für die ORF Gewaltigen ist das natürlich der Beweis, daß sich keine Sau für den Blues interessiert.



Wißt ihr nicht, daß die Musikindustrie an einer kulturellen Bildung der Masse gar nicht interessiert ist? Auch die pluralistisch-demokratische Gesellschaft braucht die Masse, da sich die Vermarktung von Musik oder anderen Produkten ohne sie nicht rechnet. Also stellt man irgendwelche Hupfdohlen aus dem Starmaniatopf in die Auslage und investiert einmal in ein Star-Image. Mit lächerlichen Liedchen, die auf  den kleinsten gemeinsamen Nenner herunterkomponiert werden, um sich an die Masse entsprechend zu verkaufen, gelangen diese Dilettanten durch Abhängigkeitsverträge in die Fänge des Show-Businness und das heißt: Jedes Mal denselben Hit singen, aussehen wie andere wollen, die bloß abkassieren und wenn die Verkaufszahlen stagnieren, Grüß Gott, Baba und fall net. Der Pepi Normalverbraucher will Stars sehen und nicht Musik hören, die einem gar noch zum Nachdenken anregen soll. Individualisten sind nicht gefragt, außer das Massenpublikum identifiziert sich mit ihnen. Der Rest ist Peripherie, die aus der Beislszene nicht herauskommt und für die keiner etwas tut. Vor 30 Jahren füllte ich mit einer geschenkten Wanderklampfe in deren Korpus ein Mikro eingelegt war, Säle mit 500 bis maximal 1500 Zuschauern. Mein damaliger Manager wollte nicht einmal, daß ich in einem Renommierklub, wie dem Jazzland auftrete, da ich unter einer Gage von 6000.- Schilling keine Gitarre anrühren sollte. Rechnet man diese Gage von 1975 indexmäßig hoch, könnte sich kein einschlägiges Lokal ein Al Cook Konzert leisten. Dabei rechne ich nicht einmal die 30 Jahre Qualitätssteigerung dazu. Nun, ich hatte Presse, Radio und ein wenig Fernsehen hinter mir, weil ich bis in die 80er ein interessantes Alien war. Mein Können war eher ein untergeordneter Faktor. Als ich nichts Exotisches mehr zu bieten hatte, erlahmte das Medieninteresse und ich hatte in den 90ern schwer zu kämpfen, zu Medieneinsetzen zu kommen. Heute hat man seit Formatradio, Musikantenstadl und der Regentschaft von Frau GI Monika Lindtner als nichtkommerzieller Musiker keine Chance mehr, sich in Populärprogrammen zu präsentieren. Was also von nöten wäre, ist klar….Eine nicht zu ignorierende Blueslobby. Doch solange die Szene aus Mangel an Auftrittsmöglichkeiten sich wie in einer Löwengrube um einen Happen Fleisch schlagen, und die Konkurrenzpartie durch Gagenunterbietung ausgetrickst werden muß, kann man keine Änderung der Zustände erwarten. So werden sich auch die kleinsten Lokalbesitzer gegen die Musiker wie Cäsaren benehmen, die nur den Daumen auf oder ab zu drehen brauchen.



Nein, liebe Freunde! Entweder bekommen wir eine, unserem Können entsprechende Gage, oder ihr sucht euch einen Platzhirschen, dem ihr eine Klampfe in die Hand drückt und ihn Hüttenlieder trällern läßt. Das an die Adresse der Veranstalter, die ich unter dem Kapitel Menschenverächter beschrieben habe. Als ich nach dem Fall der Mauer in Berlin spielte, meinte ein Veranstalter, es kämen so viele Musiker aus dem Osten…..Ich antwortete ihm: „Wie viele Bluesleute und vor allem wie viele Al Cooks sind es denn?“ Darauf drehte ich mich um und ging…..erhobenen Hauptes.

Was Busy Tom, meinen alten Herzensfreund betrifft, möchte ich bemerken, daß er sich trotz seiner Borderlinekrankheit unentwegt für den Blues eingesetzt hat. Wer von den Maulhelden, die sich im Forum abreagieren, (sagen wir mal so) hätte das legendäre Benefizkonzert anläßlich meines Herzinfarktes auf die Beine gestellt? Ich bin froh, daß er sich jetzt als Tontechniker ein Standbein geschaffen hat. Sicher wäre es mir lieber gewesen, wenn er weiter für die Blues at. weitergemacht hätte, was absolut nicht heißen soll, daß ich die Arbeit von Hannelore geringer schätze. Daß sich Frauen für den Blues einsetzen, ist sowieso ungewöhnlich, denn als ich als junger Musiker eine Bluesfreundin suchte, fand ich einfach keine, weil die Weiblichkeit lieber Roy Black als Robert Johnson hören wollte.

Bitte!! Was hat ein Name wie Robbie Williams auf einer Blueswebseite zu suchen?! Macht der jetzt auch auf Blues?? Habe ich da was versäumt, oder durchlebt dieses Popchamäleon seine blaue Phase. Robbie Williams ist ein Popimage, offenbar ein Frauenschwarm. Der kann Heia-Popeia singen und die Weiber kriegen‘s Muschisausen. Also was solls, das hat mit Musik und gar mit Blues nicht die Bohne zu tun. Also laßt solche Vergleiche und beschäftigt die Blues at. mit seriösen Themen.



Was mir seit Bestehen der Blues at. auffällt, ist die Tatsache, daß sich außer mir keiner der großen seriösen Bluesleute mit den Problemthemen auseinandersetzt. Kein Johnny Parth, Hans Maitner, Erik Trauner, Dani Gugolz, Siggi Fassl, Martin Pyrker oder Axel Zwingenberger haben sich über das Wesen des Blues geäußert, um Euch über diese Kunst auf ernsthafter Basis Klarheit zu verschaffen.
Ich nehme mir eben gerne und selbstlos Zeit und Mühe, um Euch von meinen Erfahrungen profitieren zu lassen und diverse Lästermäuler wissen nichts anderes zu tun, als ihr unqualifiziertes Mundwerk zu wetzen.

Setzt Euch einmal mit dem Blues auseinander, wie er entstanden ist und sich entwickelt hat. Kauft Euch Fachliteratur und CDs (Document Records) die leicht im Web zu finden sind. Vor allem lernt, lernt und lernt. Auch ich weiß noch nicht alles und muß mich oft mit neuen Erkenntnissen auseinandersetzen.

Aber solange mein Herz noch schlägt, ist der Blues nicht tot, klar?!

Bis bald, Euer AL COOK