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ROBERT JOHNSON’S GLÜCK UND ENDE

Robert Johnson’s Glück und Ende

© Al Cook 2001

Nun, liebe Blues-Fans und Johnsonites, wende ich mich langsam der Endphase von Robert’s kurzem, aber ereignisreichem Leben zu.
Die Mythen und Geschichten, die sich um seinen Tod rankten, waren der ideale Humus für wilde Spekulationen, die dann eine gewisse irrelevante Eigendynamik bekamen. Als ich letztens den EMI-Shop in der Kärntnerstraße in Wien besuchte fiel mir eine CD eines der unzähligen Johnson-Jünger auf. Da kein Bild am Cover war, weiß ich nicht einmal wer das war. Anstatt einer Frontpage-Illustration stand da etwa folgendes Statement: Robert Johnson was found dead in a hotel room. Haben ihn die Schreiberlinge im Feuereifer mit Jimi Hendrix verwechselt, oder glaubten sie, mit solchem Schmarren die Verkaufszahlen zu pushen. In den 70ern veröffentlichte CBS eine LP von Bukka White mit einem megagrauslichen Cover, das bereits Seltenheitswert hat. In einem schmutzigen Glas mit abgestandenem Wasser lag eine Zahnprothese mit schwimmendem Goldfisch und drumherum ausgedrückte totenfarbene Zahnpasta. Wenn ich nicht gewußt hätte, was sich auf der Platte befand, hätte ich die Verkäuferin um ein Speibsackerl gebeten.Was denkt sich die Popindustrie noch aus, im Glauben seriöse Kunst nur mit aktueller Antiästhetik verkaufen zu können. Als ich 1970 meine erste LP veröffentlichte, hatte ich auch „meinen Kampf“ mit den Plattenbossen, die mein Cover mit der Abbildung eines dreckigen alten Schuhes in einer Lache verschandeln wollten.


Doch was hat das mit Robert Johnson zu tun?
Ich würde sagen, einiges. Die Entdeckung seiner Musik durch Protagonisten der sogenannten „Progressiven Popkultur“ in den 60ern katapultierte ihn und seinen Blues in eine Zeit in die er nicht paßte. Woodstock  war der Auslöser für viele Unbedarfte, sich mit dem Blues auseinanderzusetzen. Aber bedarf es einer Rockband wie Canned Heat um Henry Thomas kennenzulernen, oder den heiligen Stones, um durch ihre fürchterliche Version von „Love In Vain“ von Robert Johnson zu hören, dem sie sogar die Urheberschaft gemopst haben, indem sie frech Jagger/Richard unter den Titel setzten. Ich glaube einfach nicht, daß das Musikpublikum so borniert und dumm ist, authentischen Blues nur über dessen Vergewaltigung zu begreifen. Aber wie soll es anders gehen, wenn die Medien die Wahrheit mittels ihrer Quotenpolitik verrotten lassen und das Publikum durch Gleichschaltung indoktrinieren.
Ich glaube den diversen Musikern durchaus, daß sie es mit ihrer Verehrung für Robert Johnson ehrlich meinen, aber der grundlegende Fehler liegt darin, daß sie sich nie mit der Zeit und den Umständen auseinandergesetzt haben, in der diese Musikkultur entstanden ist. Kurz und gut, sie sehen die 20er und 30er Jahre durch die Brille und mit dem Verständnis der heutigen Zeit. Das geht eben nicht. Man kann die Zeit Mozarts nicht in die Disco versetzen und doch haben sie es getan. Für Falco & Co. war das offensichtlich keine Schwierigkeit.
Besonders ist mir dieser Umstand bei meinem immer wieder zitierten „Spezi“ Eric Clapton aufgefallen.
Hört man seine Version von „Cross Road Blues“, entdeckt man, daß er offensichtlich mit einem Originalvers nichts anzufangen wußte. Es heißt da: „Well, the sun goin‘ down, dark gon‘ catch me here. Auf der Suche nach einem Einfüger stellt Clapton einfach eine aus dem Zusammenhang gerissene Textstelle aus dem „Travelin‘ Riverside Blues“ in den Raum: „I’m goin‘ to Rosedale, take my rider by my side, we can still barrelhouse, cause it’s on the riverside“. Also was hat das mit der Thematik vom „Cross Road Blues“ zu tun??

Ein weißer Engländer der 60er hat eben keinen Bezug zu den für ihn nicht existenten Ängsten eines vagabundierenden Schwarzen im tiefen Süden der 30er Jahre. Aber fragen Sie einen Puff Daddy ob er zu den ungeschriebenen Regionalgesetzen unterhalb der amerikanischen „Weißwurstgrenze“ einen Bezug hat. Onkel Tom ist mit der Bürgerrechtsbewegung gestorben und aus diesem Grund kann man daher den Blues nur in seiner Ganzheit begreifen, wenn man in den Rückspiegel sieht.


Roberts letzte Jahre sollen angeblich bereits eine Urbanisierung seines Performance-Stiles  angekündigt haben. Er reiste in den Norden, um in Brooklyn bei der Major Bowes Show mitzumachen. Sogar in Kanada nahm er an der Elder Moten Hour teil, einer lokalen Radio Show. Was Robert dort spielte weiß man nicht, aber es waren sicher keine schmutzigen Barrelhouse-Songs. Er soll auch mit Combo und elektrifizierter Gitarre gespielt haben, was mir aufgrund der Rarität ländlicher Stromanschlüsse und unvergleichlich teurerer Jazzgitarren eher unwahrscheinlich klingt.
Robert soll sich dann schnell zum lokalen Star entwickelt haben, denn der schon damals erscheinende „Melody Maker“ schreibt: „Robinsonville’s star is still Robert Johnson“. Tatsächlich hat er die Generation der Pattons hinter sich gelassen und mit seinem aggressiven Stil die Weiber angemacht. Zwar waren die besoffenen Barrelhouseschwalben keine Schönheiten, aber in seiner Welt hatte er Erfolg. Scheinbar zuviel, denn Son House, der sich so gern als Robert’s väterlicher Freund sieht, gibt ihm den Rat, nicht so furchtbar geil unterwegs zu sein, denn das bringt ihn eines Tages in Teufels Küche. Der August 1938 war nun in drohende Nähe gerückt und der Löffel, den er bald abgeben mußte, wurde immer schwerer. Papa Legba war auf dem Weg, Robert Johnsons Schuld mit Zinseszinsen einzufordern.
Was den armen Herumtreiber dann schließlich wirklich auf die Bretter schickte, verrate ich nächstes Mal.