Al Cook



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Bobby Und Der Teufel

Liebe Blues Fans!

Es freut mich außerordentlich, daß mir www.blues.at ein neues Forum eröffnet hat.
Sehr wenige Leute wissen, daß ich neben meiner Tätigkeit als Musiker noch eine schriftstellerische Ader habe und ich habe weiß Gott in den 37 Jahren, die ich bereits auf der Bühne bin, eine ganze Menge erlebt. Das Interessanteste möchte ich jetzt in wöchentlichen Beiträgen einem breiteren Publikum zugänglich machen.
  Zur Ehrlichkeit möchte ich aber gestehen, daß ich die meisten meiner „Weisheiten“ auch nur aus der seriösen Fachliteratur beziehe, aber ich mache mir auch so meine Gedanken über die behandelten Themen, zumal mir die Betriebsblindheit fanatisierter Bluesfaschisten fehlt. Andererseits aber ist es mir ein Anliegen, die Mythengeilheit der allzu medienhörigen Mase auf’s realistische Maß abzukühlen.
Wie versprochen, beginne ich mit einem Thema, das sicher die Mehrzahl der Bluesfans interessieren wird.

BOBBY UND DER TEUFEL

Robert Johnson: Mythos und Wirklichkeit

1961, also mitten in der toten Hose zwischen Elvis und den Beatles veröffentlichte CBS ein Album mit historischen Aufnahmen eines sogenannten „primitiven Bluessängers“ namens Robert Johnson. Das Cover zeigte eine von Hand gezeichnete gesichtslose sitzende Figur, die offensichtlich für sich selbst spielte und förmlich die Akkorde zu suchen schien. Darüber stand groß: ROBERT JOHNSON. KING OF THE DELTA BLUES. Kein Mensch wußte damals, daß diese LP eine Art Revolution auf dem Rocksektor auslösen würde. Natürlich war diese Platte bei uns nirgends erhältlich und ich steckte noch tief in der Elvis – Euphorie.


  In England aber scharten sich ein paar Beat-Typen um den österreichisch-stämmigen Bluesvater Alexis Korner. Da gab’s John Mayall, die noch bubihaften Stones und meinen Altersgenossen und speziellen Freund Eric Clapton. Für unsere Generation, die den Blues zu entdecken begann, war Johnson eine Offenbarung unschätzbaren Ranges. Der Covertext, der möglicherweise aus Verkaufsstrategie ein wenig reißerisch verfasst war, tat das Übrige.

  Robert Johnson paßte genau in das damals aktuelle Bild des einsamen jungen Gitarrespielers, der von dämonischen Mächten getrieben, eine Gegend nach der anderen unsicher machte, Frauen nur als flüchtige Zweckbekanntschaften begriff und letztendlich noch jung und wild, von einer eifersüchtigen Frau heimtückisch um die Ecke gebracht wurde. Als „live fast and die young“.

  Don Law, der Johnson in einem Hotelzimmer in San Antonio, Texas vor’s Mikrophon setzte, erzählte auch noch interessante Schauergeschichten über die Umstände, die sich um die Aufnahmesessions rankten und machte schließlich aus dem 26jährigen einen sexbesessenen Teenager. Das Alter von Schwarzen war früher oft nicht eruierbar und die natürlichere Einstellung zur Sexualität wurde ihnen im prüden Süden und auch im christlichen Europa als amoralische Triebhaftigkeit ausgelegt.


  Johnsons schneidender, fast hysterischer Gesang vervollkommnete das Bild eines vom Teufel besessenen gejagten Jünglings, der schon früh von Zuhause ausriß, um nicht Baumwolle pflücken zu müssen. Also war er ein Rebell gegen die Jim-Crow Mentalität seiner Elterngeneration, was ihn in gewissen Jazzjugendkreisen zum schwarzen James Dean machte. Musiker, die dem Blues verfallen waren, wurden von seriösen Bürgern beiderlei Rasse wie Zigeuner behandelt. Daß die Nachkriegsjugend nichts von sogenannter „formaler“ Musik wissen und ihre Emotionen lieber auf der Basis Afro-Amerikanischer Musik ausdrücken wollte, liegt nach dieser Betrachtung wohl auf der Hand.


  Daß damals niemand wußte, wie Robert Johnson aussah, tat noch ein Übriges. Man fertigte nach den verschiedensten Augenzeugenberichten Phantombilder an, um sie in Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Aber man hätte wissen müssen, daß die Schwarzen exzellente „G’schichtldrucker“ sind, wie das Paradebeispiel Big Bill Broonzy beweist. Hier wurde nicht bewußt bösartig gelogen, die Bildersprache ist ein Teil der Afro-Orientalischen Kultur, die von den Schwarzen nach Amerika verpflanzt worden ist. Als meine Frau einmal Urlaub im Libanon machte, fragte sie einen jungen Mann, wie alt denn sein Vater sei. Dieser antwortete: „Ach, so 80 oder 90 Jahre“. Gemeint war bloß, daß der Vater schon alt war. Der exakten Altersangabe wurde absolut keine Bedeutung zugemessen.  Als ich mich 1975 mit Honeyboy Edwards über Robert Johnson unterhielt, war kein konkreter Satz aus ihm herauszubekommen. Angeblich soll Edwards Augenzeuge von Roberts Tod gewesen sein. „The devil killed him“, meinte er lakonisch. Also wieder nichts für’s Vernehmungsprotokoll.
  Der Zweite war Johnny Shines, mit dem ich während seines Wienaufenthaltes anfreundete. „He could play anything. Blues, Waltzes, Polkas, any damn stuff, folks liked in those days“. Nun wußte ich wenigstens, daß Johnson auch ein kommerzieller Entertainer war. Louisiana Red, der 1935(!) geboren wurde, behauptet jedesmal wenn er mich trifft, er besäße ein Bild, auf dem Robert mit einer der ersten elektrischen Gitarren zu sehen ist. Zu Johnson’s Blütezeit gab es kaum eine Blueskneipe, die über eine Steckdose verfügte. Übrigens war der gute alte Red drei Jahre alt als der King Of The Delta Blues seine letzte Bottle inhalierte.


Euer Al Cook
The White King Of The Black Blues